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Arbeitswelt

Wir führen neue Assistenzärzt:innen strukturiert und gezielt ein

8. Oktober 2024

Warum uns eine fundierte Einführung für Assistenzärztinnen und Assistenzärzte wichtig ist, erfahren Sie im Interview mit Dr. Gurpreet Anand, Leitende Ärztin für Endokrinologie und Innere Medizin sowie Co-Projektleiterin des Onboarding- und SkillsLab-Projekts. 

Liebe Gurpreet, die Themen Onboarding und SkillsLab klingen erstmal ziemlich technisch. Wie seid ihr auf genau diese beiden Schwerpunkte gekommen? Gab es einen bestimmten Moment, der euch klar gemacht hat, dass hier Handlungsbedarf besteht?

Das stimmt. Unser Ziel ist es, von Anfang an unsere Assistenzärzt:innen bestmöglich zu unterstützen – durch ein verbessertes Onboarding und das SkillsLab. Onboarding bedeutet, neue Mitarbeitende gezielt und strukturiert in die Abläufe unserer Organisation einzuführen. Schon in der ersten Projektphase wurde klar, dass es hier noch viel zu verbessern gibt. Das hat auch eine Umfrage unter den Assistenzärzt:innen bestätigt, die sich ein besseres Onboarding wünschen. Zudem wurde der Wunsch nach mehr Lernmöglichkeiten mit Simulationen geäussert. Dafür wurde das SkillsLab geschaffen. Dort können alle, von Assistenzärzt:innen bis zu Kaderärzt:innen, wichtige Fertigkeiten in einer sicheren Umgebung üben, ohne die Patientensicherheit zu gefährden.

Was wollt ihr mit dem Onboarding und SkillsLab erreichen? Gibt es einen Wunsch, den du damit verbindest?

Wir möchten das Onboarding und SkillsLab überprüfen und klare Empfehlungen zur Verbesserung des aktuellen Prozesses im Spital Zollikerberg aussprechen. Unsere Analyse hat gezeigt, dass Anpassungen nötig sind, damit sich die Assistenzärzt:innen von Anfang an wohlfühlen und sich rasch fachlich und sozial orientieren und integrieren können. Mein Wunsch ist, dass die Assistenzärzt:innen wissen, wo sie was finden und wen sie bei Fragen ansprechen können. So kann sich das «Learning on the Job» auf das Wesentliche konzentrieren. Zudem wollen wir unsere Kultur vermitteln und zur Mitgestaltung einladen.

Wo steht ihr aktuell? Läuft alles nach Plan oder gab es Überraschungen?

Wir haben den «Onboarding-Kompass» entwickelt, der die ersten sechs Monate des Onboardings abdeckt. Gleichzeitig behalten die Kliniken die Flexibilität, die ersten kritischen Wochen nach eigenen Bedürfnissen zu gestalten. Eine Überraschung für mich war das grosse Engagement des Projekt-Teams. Trotz der knappen zeitlichen und finanziellen Ressourcen setzen sich alle dafür ein, etwas Positives zu bewirken.

Du hast dich besonders für ein strukturiertes Onboarding stark gemacht. Was bewegt dich dabei? Warum liegt dir das so am Herzen, gerade wenn es um die Assistenzärzt:innen geht?

Assistenzärzt:innen sind die Zukunft des Gesundheitssystems und entscheidend für eine gute Patientenbetreuung. Ein strukturiertes Onboarding hilft ihnen, schneller im Job anzukommen, und beugt Stress und Überforderung vor.

Wie seid ihr bei der Entwicklung des Onboardings vorgegangen? Gab es Momente, in denen ihr dachtet, «das funktioniert so nicht», und musstet umdenken?

Wir haben Workshops durchgeführt, bei denen Klinikvertretende ihre Ideen eingebracht haben. Das hat uns geholfen, die unterschiedlichen Bedürfnisse zu verstehen. Basierend auf den Umfrageergebnissen haben wir Anpassungen vorgenommen. Eine Herausforderung war es, E-Learnings und Einführungskurse mit dem Klinikalltag zu verbinden. Wir mussten oft umdenken, um allen Anforderungen gerecht zu werden.

Welche Erfolge konntet ihr schon feiern? Gibt es eine Geschichte, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

Unser Projekt und der Onboarding-Kompass wurden in der Chefärzt:innen-Konferenz angenommen. Eine Erkenntnis, die mir besonders gefällt, ist, dass manchmal schon kleine Veränderungen grosse Effekte haben können. Gleichzeitig wurde uns klar, wie wichtig die Optimierung der bereichsübergreifenden Schnittstellen für das Onboarding ist. Idealerweise sollten Assistenzärzt:innen schon am ersten Tag alle nötigen Informationen und Zugänge haben.

Welche Stolpersteine habt ihr bisher auf dem Weg gehabt? Wie geht ihr mit diesen Herausforderungen um?

Alle Projektmitarbeitende gleichzeitig in Workshops zu versammeln, war nicht immer möglich. Manchmal mussten wir separat kommunizieren, und gelegentlich hat der Input aus der einen oder anderen Disziplin gefehlt. Trotzdem hat uns die Zusammenarbeit spitalweit geholfen, neue Perspektiven zu gewinnen. Eine Herausforderung bleibt ein zielführender und einfacher Zugang zu wissenschaftlicher Literatur. Dieses Thema möchten wir im kommenden Jahr nochmals aufgreifen, um eine bessere Lösung erzielen zu können.

SkillsLab klingt spannend. Was steckt genau dahinter? Kannst du es uns in deinen eigenen Worten erklären?

Das SkillsLab hilft, technische Fähigkeiten zu verbessern, Wissen zu vertiefen und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu gewinnen. Studien zeigen, dass dadurch die Patientensicherheit und die Qualität der Patientenbehandlung erhöht werden kann. Ausserdem können wir dort auch klinische Entscheidungen und Rollenspiele in komplexen Szenarien trainieren.

Welche Vorteile hat das SkillsLab deiner Meinung nach für alle, die sich weiterbilden – egal ob Pflege oder Ärzt:innen?

Der grösste Vorteil ist, dass sich die Teams interdisziplinär und interprofessionell besser kennenlernen und dadurch effizienter zusammenarbeiten. Die Hemmschwelle, um Hilfe zu bitten, sinkt, und in Konfliktsituationen traut man sich eher, die eigene Meinung ohne Angst zu äussern.

Konntest du in deiner eigenen Ausbildung auf ein SkillsLab zugreifen? Wie hast du diese Erfahrung wahrgenommen?

Während meines Masterstudiums reiste ich in die Niederlande und hatte die Gelegenheit, die SkillsLab-Infrastrukturen in Utrecht und Maastricht zu sehen. Es hat mich beeindruckt, wie stark dort in Bildung investiert wird und welchen hohen Stellenwert dieses Thema in der Kultur und Politik hat. Meine Kolleg:innen dort profitieren heute von den Investitionen, die bereits vor 10 Jahren begonnen wurden.

Was steht als nächstes an? Gibt es schon Pläne, wie ihr das SkillsLab weiterentwickeln möchtet?

Im Oktober stellen wir unsere Ergebnisse auf der Chefärzt:innen-Konferenz vor und hoffen, dass wir die Unterstützung für die Fortführung des SkillsLabs bekommen.

Meine letzte Frage: Gab es in dieser intensiven Projektzeit ein Erlebnis, das dir besonders naheging oder dich persönlich geprägt hat?

Mich hat die Energie und die Bereitschaft meines Projektteams beeindruckt. Wir haben Transparenz über bestehende Onboarding-Probleme mit Optimierungspotenzial geschaffen, eine Plattform für Literaturzugang aufgebaut und das Potenzial für die Weiterentwicklung des SkillsLabs erkannt.

Assistenzärzt:innen in der Gesundheitswelt Zollikerberg – Zahlen, Fakten und Ausbildungsweg

Anzahl: 
Rund 74 Assistenzärzt:innen arbeiten bei uns (Stand Mai 2024).

Ausbildungsweg: 
Nach dem sechsjährigen Medizinstudium (Bachelor- und Masterstudium), legen Ärzt:innen die eidgenössische Prüfung in Humanmedizin ab. Erst danach beginnt die Facharztausbildung, die je nach Fachgebiet mindestens fünf Jahre dauert. In der Schweiz können Ärzt:innen aus über 40 Fachgebieten wählen, um ihren Facharzttitel zu erwerben. Zusätzlich gibt es 37 privatrechtliche Schwerpunkte, die eine vertiefte Kompetenz in einem bestimmten Sektor nachweisen.

Einsatzdauer: 
Die Assistenzärzt:innen bleiben in der Regel ein bis zwei Jahre in Bereichen wie Chirurgie, Nephrologie, Neonatologie oder Anästhesie. In der Inneren Medizin sind es etwa zwei Jahre, während sie in der Frauenklinik meist drei Jahre tätig 

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